Negrellisteg
Zürich 2017-2021
Die beiden Gebietsentwicklungen Zollstrasse und Europaallee verdichten Zürichs Stadtzentrum entlang den Rändern des Gleisfelds. Als Weg über den offenen Gleisraum ermöglicht der Negrellisteg freie Sichtbezüge und eine übergeordnete Orientierung im Stadtgefüge. Der Negrellisteg verknüpft das Wegnetz zwischen den Kreisen 4 und 5. Gleichzeitig bietet er die einmalige Gelegenheit, das Überschreiten der Gleise als kurze Atem- und Ausblickpause vor dem Hintergrund eines bemerkenswerten Stadtpanoramas zu erleben. Die Brücke ist eine weitere Landmarke im Gleisfeld, die im Flimmern der zahlreichen bahntechnischen Anlagen ihre Zeichenhaftigkeit durch klare Formgebung verdeutlicht.
Wegzeichen zwischen Gebäuden
Beide Brückenabgänge setzen Wegzeichen in den Stadtraum. Die seitliche Brückenstirne wird nahtlos in die geschwungene Wange der Wendeltreppen geführt: So spannt sich der feine Brückenbogen bis zum Fusspunkt auf Stadtniveau und verbindet zeichenhaft die beiden Stadtseiten. Die sanfte Bogenform, die in der Brückenmitte kulminiert, stärkt die Präsenz des Stegs.
Durch die geschwungene Kurvengeometrie um den runden Liftturm befreien sich die Brückenabgänge formal von den kubischen Begrenzungen der benachbarten Gebäude. Es entsteht der jeweils maximale Freiraum, den die Stadträume beidseitig zulassen. Die auf Bewegung fokussierte Formensprache unterstützt die Alleinstellung des skulpturalen Stellwerkgebäudes von Max Vogt.
Textile Brüstung
Die Brüstung begleitet die Fussgänger durchgehend und beidseitig. Von innen bietet sie den nötigen Schutz zum Gleisfeld, von aussen unterstützen starke Abschlusselemente die geschwungene Linie der Brücke. Zwischen den beiden linearen Elementen eines Ober- und eines Untergurts ist ein dichtes Metallgewebe durch die tragenden Pfosten geflochten. Es verleiht der Brüstung eine textile Wirkung. Die Lifttürme werden durch die gewebeartige Verkleidung zu leichten und einsehbaren Zylindern im Raum.
Markante Tragelemente
Die Brückenuntersicht – mit einem mittigen Träger – wird im Sinne der Gesamtform und des Tragverhaltens durchgehend bis zum Brückenfuss geführt. Während die Wendeltreppen eine federnde Funktion im Tragwerk übernehmen, sind die Lifttürme davon losgelöst. Getragen wird der Brückenträger von zwei Doppelstützen, die sich jeweils auf die Mauerflanken der beiden abtauchenden Bahnrampen beziehen. Bedingt durch die wachsende statische Höhe des mittigen Trägers, und um eine funktionale Entwässerung zu gewährleisten, gibt es eine leichte Steigung zur Brückenmitte hin. Die Treppenläufe öffnen sich mit zunehmender Verbreiterung nach unten maximal zum Stadtraum. Die Tritte sind flach gehalten und ermöglichen ein bequemes Flanieren.
Wegweisende Beleuchtung
Zugunsten eines ökonomischen Betriebs wird für die Grundbeleuchtung und den „Plan Lumière“ dieselbe Lichtmassnahme vorgeschlagen. Dank der Wellenform der Brüstung kann das im Handlauf integrierte Licht alternierend nach innen und nach aussen wirken. Die innen liegende Leuchte verteilt das Licht asymmetrisch auf den Gehbereich und erreicht so eine gleichmässige Ausleuchtung mit warmem Licht. Die aussen liegende Leuchte ist mit einer Rillenoptik versehen und verhindert eine Blendung des Zugverkehrs, aber lässt das wellenförmige Brüstungsband in den Abendstunden subtil aufleuchten.
Ein äusseres Streiflicht auf die Lifttürme sorgt zusätzlich für eine Fernwirkung in das Quartier und ein gesamtharmonisches Lichtbild des Stegs.
Projektinformation
Auftrag:
SBB Immobilien, Development Europaallee
Tiefbauamt Stadt Zürich
Einstufiger Studienauftrag im selektiven Verfahren, 1. Preis
Projektdaten:
Länge 160m
Spannweiten 35-11-78-11-24 m
Höhe über Schiene 8,40m
Auszeichnung:
Prix Acier 2021
Mitarbeit 10:8 Architekten:
Andrea Zupan-Dover, Robert Schmude, Clemens Berresheim, Laura Bagdonaite, Lisa Märkl
Georg Rinderknecht, Katrin Schubiger, Jürg Senn
Projektpartner:
Conzett Bronzini Partner AG
Diggelmann + Partner AG
Vogtpartner Lichtgestaltende Ingenieure